Reparaturbericht über einen im Dornröschenschlaf versunkenen SABA Schauinsland T-704

Als das Gerät zu uns in die Werkstatt gebracht wurde, kamen wir aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. So ein altes Fernsehgerät hatten wir alle noch nicht in natura gesehen. Dass das Gerät einmal aus unserem Hause stammte, konnte man an der schönen Handschrift erkennen, mit der der Name des Besitzers, mittels eines weißen Kreidestiftes auf die Rückwand geschrieben war, unverkennbar – diese Handschrift gehörte Alfred Benzel. Die Frage war, ob wir das Gerät wohl noch reparieren könnten und wenn ja, welchen Empfangsweg man wählen könnte, um einen sinngemäßen Betrieb zu erreichen.

Zunächst sollte also nur soweit vorgegangen werden, bis eine Aussage über eine mögliche Instandsetzung getroffen werden konnte. Aus dem Umgang mit alten Röhrenradios war bekannt, dass man hier vorsichtig ans Werk gehen musste, weshalb die Netzspannung bei eingeschaltetem Gerät, langsam, in kleinen Schritten vorsichtig erhöht wurde. Gleichzeitig wurde die Leistungsaufnahme beobachtet. Die grenzwertigen Bauteile zeigten sich schon bei geringer Betriebsspannung. Es fing an mit den Elkos im Netzteil, die trotz langsamen Anfahrens nicht mehr zu retten waren. Ging dann weiter über ein gutes Dutzend Teerkondensatoren und hörte beim freiliegenden Anodenanschluss der Bildröhre noch lange nicht auf.

Nach provisorischem Ersatz der schadhaften Elkos wurde ein Start bis zur vollen Höhe der Netzspannung gewagt. Der erste Versuch zeigte auf dem Bildschirm ein schwaches Raster. Die Leistungsaufnahme war mit fast 190 Watt zwar noch viel zu hoch, aber immerhin durfte man annehmen, dass der Zeilentransformator samt Hochspannungserzeugung und auch die Vertikalablenkung noch in Ordnung waren. Damit schien eine Reparatur möglich. Nun wurden, wie oben bereits erwähnt, die Teerkondensatoren sämtlich erneuert. Die Folge war ein Rückgang der Leistungsaufnahme unter den vom Hersteller angegebenen Wert von 160 Watt bei einer Betriebsspannung von 230V aus dem Trenntransformator. Eine weitere Sorge war der Einweg Selengleichrichter, der erst noch zeigen musste, ob er auch eine etwas höhere Betriebsspannung von 230V vertragen konnte. Immerhin setzt der Gleichrichter etwa 25Watt Verlustleistung in Wärme um. Wie Versuche zeigten, stellte sich nach einer Stunde Betriebszeit, eine Temperatur von etwa 63°C am wärmsten Punkt des Gleichrichters ein. „H.Pitsch“ weist in seinem „Lehrbuch der Funkempfangstechnik“, 2. Auflage, Seite 741, § 444 für den Selengleichrichter eine Dauerbetriebstemperatur von 70-75 Grad Celsius aus. Ein Ersatz durch einen Silizium Gleichrichter wäre zwar ein leichtes gewesen, wenn wir nicht dadurch etwa 50 Volt mehr Anodenspannung bekommen würden. Die neuen Elkos sind zwar mit 450Vdc ausreichend dimensioniert, jedoch ist das Schaltungskonzept so nicht ausgelegt worden und auch die Leistungsaufnahme des Gerätes würde mit 175 Watt auf einen unnötig hohen Wert ansteigen.

Die beiden folgenden Bilder zeigen den Anodenspannungsverlauf der +A2 während des Einschaltvorgangs bei einer Netzspannung von jeweils 230V~.

Mit Silizium Diode BY255 ohne besonderen Vorwiderstand
Mit Silizium Diode BY255 ohne besonderen Vorwiderstand

 

Mit Originalbestückung, Selen Gleichrichter B250 / C400
Mit Originalbestückung, Selen Gleichrichter B250 / C400

Den Bildern kann man entnehmen, dass mit einer Silizium Diode nach etwa zwei Minuten Betriebszeit eine um fast 50 Volt höhere Anodenspannung zur Verfügung steht.

Hier die gemessenen Leistungsdaten des Gerätes bei verschiedenen Netzspannungen
Hier die gemessenen Leistungsdaten des Gerätes bei verschiedenen Netzspannungen

Bei weiteren Arbeiten wurde der Netzschalter, dessen Hebel vom Altteil übernommen werden musste, erneuert. Auch das Netzkabel und der Stecker wurden aus Sicherheitsgründen erneuert. Die damit verbundene VDE-Prüfung zeigte keine Beanstandung. Hierbei ist noch eine Besonderheit anzumerken: Der Einschaltknopf ist als Einsteckschlüssel, ähnlich wie beim Zündschloss des PKWs ausgeführt, kann also abgezogen werden, um das Gerät vor ungewollter Benutzung zu sichern.

Nachdem nun das Raster stabil zu arbeiten schien, wurden die Signalwege für Bild und Ton bearbeitet. Hierbei kam eine, unter einer Abschirmhaube versteckte EF-80, die letzte ZF-Röhre, mit weißem Kopf, zum Vorschein. Mit neuer ZF-Röhre wurde nun schon Rauschen aus dem Lautsprecher hörbar und gleichfalls auch auf dem Bildschirm sichtbar, zwar schwach, aber immerhin wahrzunehmen. Das Anlegen eines analogen Fernsehsignals aus dem lokalen Kabelanschluss brachte, nach wer weiß wieviel Jahren, erste Bilder und Töne wieder an den Tag.

Erstes Bild
Nach über vier Jahrzehnten das erste Mal wieder Bild und Ton aus dem SABA T-704

Nun gab es da auch noch einen nachgerüsteten UHF-Tuner, schon transistorisiert, aber doch etwas lieblos von innen ans Holzgehäuse geschraubt. Dafür wurde eine mechanische Lösung gebaut und so mit dem Chassis verschraubt, dass eine Bedienung von der Rückseite her möglich ist.

Montierter UHF-Tuner
Montierter UHF-Tuner

Hier die Rückseite des Gerätes, es zeigt den Abstimmknopf, den Schalter für VHF/UHF und die Empfängerweiche für die Trennung und Symmetrierung des Antennensignals.

Rückseite des T-704
Rückseite des T-704

Gerne möchte man natürlich auch wissen, ob noch etwas mehr an Bild- und Tonqualität aus dem Gerät herauszuholen ist. Dazu wurden die Signalwege und deren Übertragungsfunktionen mit dynamischen Messverfahren untersucht und nach den Angaben des Herstellers abgeglichen. Zuerst der Bild-ZF-Verstärker, dann die Ton-ZF und zum Schluss „über alles“. Wie die Oszillogramme zeigen, ließ sich ein einwandfreier Abgleich durchführen. Interessant ist vielleicht noch, dass es damals Fallen für den zweiten NTT bei 41,4MHz sowie eine Falle für den FHT bei 34,467 MHz noch nicht gab. Die kamen erst einige Jahre später. Nach dem Abgleich war das störende Intercarrier-Brummen weg und es ertönte ein klarer Klang aus dem Lautsprecher. An der Kathode der Bildröhre stellte sich jetzt ein Videosignal mit einer Amplitude von 38Vss ein, was gegenüber vorher schon eine sichtbare Bildverbessrung mit sich brachte. Eine neue Videoendröhre PCL84 verhalf dem Gerät zu einer weiteren Steigerung der Bildqualität, erzielten wir doch jetzt mit der neuen Röhre eine Signalamplitude 65Vss. Die Bildleistung reichte nun wieder aus, um auch bei normaler Raumhelligkeit entspannt fernzusehen.

ZF-Durchlasskurve
ZF-Durchlasskurve

 

Tontreppe, vergrößert
Tontreppe, vergrößert

 

Gewobbelt "über alles" deshalb liegt die Nyquistflanke hier links
Gewobbelt „über alles“ deshalb liegt die Nyquistflanke hier links

Die horizontale Spiegelung der Durchlasskurve hängt mit der Umsetzung (Mischung) des Empfangssignals und damit zusammen, dass der Oszillator höher schwingt als die eingestellte Empfangsfrequenz. Einstellungen am Wobbler: 20ms, 2mV (66dbµV). über Symmetrierglied am UHF-Eingang.

Das Bild zeigt die wiedergewonnene Bildqualität.
Das Bild zeigt die wiedergewonnene Bildqualität.

Wie eingangs erwähnt, stand die Überlegung im Raum, wie wir denn mit dem Fernsehgerät beim Kunden ein paar Sender empfangen können, damit die Funktion des Gerätes auch sachgerecht genutzt werden kann. Wir entschieden uns für den Empfang von Satellitensignalen, dessen Programme am Modulatorausgang eines entsprechenden Receivers entnommen werden sollten. Das Signal könnte so über ein kurzes HF-Kabel mittels Empfängerweiche, symmetrisch an den UHF-Anschluss gelegt werden. Der Receiver gibt das HF-Signal per Werkseinstellung auf Kanal 38 aus.

Das funktionierte auch von Anfang an – die Abgleicharbeiten haben also hierin ihre Bestätigung gefunden. Mag auch die Wobbelei so ihre Tücken haben, verzichten kann man auf dieses Messverfahren meines Erachtens jedoch nicht. Schaft es doch von Beginn an Überblick über die vorliegenden Verhältnisse und zeigt während des Abgleichs immer den aktuellen Stand der Arbeiten. Dabei ist es nicht so sehr eine Frage der Messapparaturen, sondern vielmehr die durch Übung und Praxis gewonnene Erfahrung, die Vertrauen in die Ergebnisse bringt. Wenngleich auch Abgleicharbeiten an Fernseh-ZF und HF-Teilen schon lange nicht mehr zum täglichen Programm eines Fernsehtechnikers gehören, so sind doch von Zeit zu Zeit immer mal wieder Abgleicharbeiten an Rundfunkgeräten und HF-Baugruppen verschiedenster Art auf dem Plan, sodass man in Übung bleibt und die Abläufe trainiert werden.

Spektrale Darstellung des Ausgangssignals des verwendeten SAT-Receivers. Einfacher Modulator, kein Restseitenbandverfahren.
Spektrale Darstellung des Ausgangssignals des verwendeten SAT-Receivers.
Einfacher Modulator, kein Restseitenbandverfahren.

 

Bildröhre mit ungeschütztem Anodenanschluss
Bildröhre mit ungeschütztem Anodenanschluss

Der Anodenanschluss mit seinen 16KV lag völlig frei, ohne jede Isolierung und Berührungsschutz – das war damals eben so

Bildröhre mit geschütztem Anodenanschluss
Bildröhre mit geschütztem Anodenanschluss

Eine weitere Überraschung ergab sich bei der Messung des Netzanschlusses beim Kunden. Hier konnten 236 bis 237 Volt gemessen werden. Das Gerät damit zu betreiben, konnten und wollten wir so nicht wagen. Um die Netzspannung etwas herabzusetzen, wurde ein Spannungsreduzierer in Form eines Spartrafos gebaut. Früher gab es dafür ja die Stelltrafos mit Spannungsanzeige im kleinen Blechkasten von Engel. Der vorliegende Spannungsreduzierer wurde mit einem 16VA Trafo realisiert, der Sekundär 6Volt bereitstellt. Die Wicklungen wurden wie auf dem Typenschild gezeigt verschaltet. Unter Belastung stehen nun bei einer Eingangsspannung von 236 Volt, 228 Volt für das Fernsehgerät zur Verfügung. Diese Maßnahme soll die Röhren schonen. Noch ein Tipp für etwaige Nachbauer: Wenn sich am Ausgang eine um die Sekundärspannung höhere Ausgangsspannung ergibt, sind die Anschlüsse der Sekundärwicklung zu vertauschen.

spannungsreduzierer
Spannungsreduzierer in Form eines Spartrafos

Voilà! das ist er in seiner ganzen Pracht, der SABA Schauinsland T-704. Das Bild zeigt das Gerät während des Probelaufs am zweiten Weihnachtstag 2016, bald sechzig Jahre nach dem es gebaut wurde – unglaublich.

Time goes by
Time goes by

Ist dann doch wieder mehr geworden als gedacht und irgendwann wurden die Stunden auch nicht mehr mitgezählt. War jedenfalls nicht „mal eben“. Dennoch war es ein besonderes Erlebnis, den seit Jahrzehnten auf dem Dachboden eingelagerten Fernsehapparat wieder zum Leben zu erwecken.
Das Gerät wurde Anfang Januar 2017 wieder an den stolzen Besitzer ausgeliefert. Der Hinweis, dieses gute Schätzchen in Ehren zu halten und nicht ohne Aufsicht zu betreiben, durfte dabei nicht fehlen.